Seitz Backrohstoffe

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Dienstag, 4. August 2015

Brezeln sind gut für die Kommunikation!

Der Bäcker Jürgen Frank trotzt mit nur zwei Verkaufsstellen der wachsenden Konkurrenz von Billigketten und Discountern. Wer will, kann auch in seinem Onlineshop bestellen.

"Hinter einer guten Brezel steckt lange ­Erfahrung und viel Handarbeit"
sagt ­Bäckermeister Jürgen Frank.












Was macht eine ideale Brezel aus? Diese Frage lasse sich gar nicht so leicht beantworten, sagt Jürgen Frank, denn die Vorlieben der Kunden seien regional sehr unterschiedlich – selbst innerhalb Stuttgarts: „Jemand aus Sillenbuch hat da schon andere Vorstellungen als jemand aus Bad Cannstatt“, sagt der Bäckermeister. Entscheidend für die individuelle Geschmacksbildung seien Kindheitserinnerungen, meint Frank: „So soll die Brezel auch im Erwachsenenalter schmecken.“ Entscheidend ist neben der Konsistenz des Teigs und dem Bräunungsgrad der Kruste auch das Verhältnis zwischen dem weicheren „Bauch“ und den knusprigen „Ärmchen“. Frank wirft einen prüfenden Blick auf ein Blech mit ofenfrischen, duftenden Brezeln. „So müssen Sie sein“, sagt er zufrieden.

Gemessen an der Stückzahl ist die Brezel das wichtigste Produkt der Bäckerei Frank: bis zu 2400 Stück werden täglich gebacken – einzeln von Hand geformt mit einer speziellen Schlingtechnik, deren Beherrschung einige Übung erfordert. „Das ist immer der letzte Arbeitsgang in der Backstube“, sagt Frank. Zwischen acht und zehn Uhr vormittags stehen der Chef und seine Mitarbeiter gemeinsam am Tisch herum und formen Brezeln. Diese Art der Gruppenarbeit sei auch gut für die Kommunikation. „Dabei schwätzen wir über alles Mögliche – nicht nur übers Geschäft, sondern auch mal über den VfB oder andere Themen“, erzählt der 46-Jährige.

Die Brezeln kommen erst ins Kühlhaus

Die Brezeln werden nicht gleich gebacken, sondern im Kühlhaus zwischengelagert und dann je nach Bedarf in den Ofen geschoben. Vorher werden sie kurz in verdünnte Natronlauge getaucht, die den typischen Geschmack und die kräftige braune Farbe bewirkt, und mit grobem Salz bestreut. „Früher hat man nicht den ganzen Tag über Brezeln gebacken“, erinnert sich Frank. Die Kunden hätten heute eben höhere Ansprüche an die Frische.

75 Cent kostet eine Brezel in seinem Laden – mehr als doppelt so viel wie eine aus dem Backautomaten beim Discounter. Warum eigentlich? „Der wichtigste Unterschied ist sicher der hohe Anteil an Handarbeit“, sagt Frank. Der Anteil der Lohnkosten am Produktionsaufwand betrage in einer handwerklichen Bäckerei etwa die Hälfte. Bei industrieller Produktion sei er deutlich niedriger. Der Bäcker beschäftigt 18 Festangestellte, sechs Azubis sowie Aushilfen und Fahrer. „Auch für die Rohstoffe zahlen wir höhere Preise als Großabnehmer“, sagt Frank, der möglichst auf Produkte aus der Region setzt. So bezieht er Mehl und Schrot von einer Mühle in Horb. Insgesamt entfällt auf die Rohstoffe etwa ein Fünftel der Produktionskosten. Dahinter kommen die Energiekosten mit knapp einem Zehntel. Angesichts der Preise, zu denen Brezeln teilweise verkauft würden, hat Frank bisweilen den Eindruck, dass es sich um Lockangebote handelt, die noch nicht mal die Kosten decken.

Preisdruck auf die Kleinen

Die kleineren Bäckereien spüren den Preisdruck, der von Bäckerketten und Discountern ausgeht. Betriebe wie der von Frank, der neben dem Hauptgeschäft in der Wächterstraße nur über eine Filiale am nahe gelegenen Strohberg verfügt, werden immer seltener. Vor 20 Jahren zählte die Bäckerinnung Stuttgart 97 Mitgliedsbetriebe, heute sind es nur noch 36. Verkaufsstellen gebe es zwar mehr denn je, sagt Frank, aber selber backen würden immer weniger. In der Innenstadt gibt es nach Angaben der Bäckerinnung nur noch acht backende Mitgliedsbetriebe. Im Trend liegen Großbäckereien in außerhalb liegenden Gewerbegebieten.

Wachsen oder weichen, lautet vielfach die Devise. Doch Frank hat an seinem Standort wenig Möglichkeiten zu expandieren. Backstube und Lager sind über zwei Stockwerke verteilt, jeder Winkel ist genutzt. Ein Aufzug hilft beim Transport. Hat auch er schon daran gedacht, in einem Gewerbegebiet neu zu bauen, um in modernen Gebäuden mehr Brote, Brötchen, Brezeln, Kuchen oder Flammende Herzen zu produzieren? „Ich habe mir das tatsächlich überlegt“, sagt er. Doch dann habe er sich dagegen entschieden. „Dann wäre ich doch nur ein Kleiner unter den Großen.“ Hinzu kämen die Verkehrsprobleme in Stuttgart. Eine sichere Lieferung sei da nicht immer gewährleistet. In seiner jetzigen Bäckerei schätzt er die kurzen Wege und auch die Nähe zu den Kunden: „Bei uns können Sie aus dem Laden in die Backstube schauen.“

Auch ohne zusätzliche Verkaufsstellen sei der Umsatz in den letzten Jahren langsam, aber stetig gewachsen. Aktuell sind es nach Angaben des Chefs rund 1,5 Millionen Euro im Jahr. Zusätzliche Kunden soll der Sitzbereich im neu eingerichteten Hauptgeschäft anlocken. Am Tag des Gesprächs mit der StZ geben die Handwerker gerade der neuen Eingangstür den letzten Schliff.

Pflegeheime und Gastwirte werden beliefert

Ein wichtiges Standbein ist für Frank auch der Vertrieb an kommerzielle Kunden – etwa Pflegeheime, Gastwirte, Kioske oder Lebensmittelhändler, die seine Ware weiterverkaufen. Fast ein Drittel des Umsatzes entfalle auf diesen Bereich. „Das ist für uns eine Art verlängerter Ladentheke“, sagt er.

Als handwerklicher Betrieb könne man natürlich nicht ständig zig unterschiedliche Brotsorten anbieten. Um die 30 sind es aber auch bei der Bäckerei Frank, allerdings wird nicht jede Sorte an jedem Tag produziert. „Dafür backen wir nach eigenen Rezepten – fertige Backmischungen finden Sie bei uns nicht“, sagt der Bäckermeister. Zu erkennen seien entsprechende Produkte an Namen, „auf die kein Bäcker von sich aus kommen würde“ – etwa Joggingbrot – und den dazugehörigen Prospekten an der Theke, verrät Frank. Er überlegt sich lieber ab und zu selber ein neues Brotrezept. „Meine Frau und meine Kinder sind dann immer die ersten Testesser.“

Der Arbeitstag beginnt um halb drei Uhr

Frank steht jeden Tag selber in der Backstube – von halb drei Uhr früh bis um elf Uhr. Weil für den Chef auch danach noch etwas zu tun ist, gebe es für ihn kaum einen Arbeitstag unter 14 Stunden. Allzu viel Zeit für Hobbys bleibt da nicht. Trotzdem geht Frank Mittwochabends immer zum Altherrenfußball. „Da muss ich halt ein bisschen vor- oder nachschlafen“. Dass Bäcker oft keinen Nachfolger finden, hänge auch mit den Arbeitszeiten zusammen. Bereits sein Vater habe Nacht für Nacht in der Backstube gestanden. „Man kann auch einfacher Geld verdienen“, findet Frank – was ihn nicht davon abgehalten hat, 2003 den elterlichen Betrieb zu übernehmen. „Die Arbeit macht mir einfach Spaß“, sagt der Bäckermeister, der im Wettbewerb mit den Großen auch unkonventionelle Wege geht. So kooperiert er mit einem fahrenden Gemüsehändler, der an festen Tagen seine Ware vor der Bäckerei anbietet – was beiden mehr Kunden bringe.


Und auf der Homepage der Bäckerei Frank gibt es sogar einen Onlineshop für Backwaren. Bis vor die Haustür geliefert werden Brezeln und Brote allerdings nicht, man kann sie sich aber reservieren lassen und später im Laden abholen. „So bekommen die Leute auch dann, was sie möchten, wenn sie mal ausschlafen wollen“, sagt der Bäcker, der selbst fast nie ausschlafen kann.

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